Eine der absoluten Stärken
von Linux sind die netzwerktechnischen Möglichkeiten. Den Login
auf entfernte Rechner per ssh und sftp habe ich ja
schon in einem vorigen Kapitel behandelt. Hier geht es nun um das
sogenannte X11-Forwarding, welches es ermöglicht, grafische
Programme auf einem Client-Rechner auszuführen und somit einen
Linux-Server "fernzusteuern", bzw. aus der Ferne auf ihm
zu arbeiten. Dabei ist es unerheblich ob man an einem Linux-Client
oder einem Windows-Client sitzt, da es selbst für Windows eine
X-Server Software gibt.
Fangen wir mal umgekehrt an und wenden wir uns zuerst Windows zu:
Windows als Client: MobaXterm
Unter Windows gibt es das Programm MobaXterm, welches ohne Installation (man führt lediglich die EXE aus)
einen X-Server und ein Terminal zur Verfügung stellt. Das Terminal
kennt alle üblichen Linux-Befehle. Sollte ein Befehl fehlen,
kann man ihn -falls vorhanden- mittels PlugIns nachrüsten.
Um nun einzelne Programme auszuführen startet man einfach die
EXE Datei ab und loggt sich im Terminal mittels ssh auf dem entfernten
Rechner ein:
# ssh udo@heim-pc
Anschließend genügt es das entsprechende Programm aufzurufen, z.B.
# kwrite
Möchte man mehrere Programme ausführen, ist es sinnvoll
den Befehl mittels des UND-Zeichens im Hintergrund laufen zu lassen.
So ist die Konsole wieder frei für weitere Eingaben:
# kwrite &
Genügen einem ein paar Programme nicht, kann man sich auch
den kompletten Desktop auf den Rechner holen. Dazu bedient sich
MobaXterm des Programmes Cygwin um die Fenster darzustellen.
Für ein Debian System genügt dann im Terminal ein simples
# startkde
Linux als Client
Unter einem Linux-Client
benötigt man natürlich keine zusätzliche Software,
da Linux ja alles benötigte schon mit an Bord hat - eine ssh
Installation natürlich vorrausgesetzt. Unter Debian sieht der
zu verwendende Befehl ein klein wenig anders aus:
# ssh -X udo@heim-pc
Das große X aktiviert das X11-Forwarding. Nicht zu
verwechseln mit dem kleinem x welches selbiges sogar unterbindet.
Ansonsten funktioniert alles so wie unter MobaXterm: den Namen des Programms eingeben,
fertig. Allerdings kann man sich den Zugriff auf den kompletten
Desktop ein klein wenig komfortabler gestalten, da Linux ja mehrere
sogenannte virtuelle Terminals unterstützt (zu erreichen mittels
STRG+ALT und jeweils einer Funktionstaste F1-F7). Standardmäßig
verwaltet Linux in der Regel sieben virtuelle Terminals, wobei in
der Regel der Siebte für die grafische Oberfläche dient.
Theoretisch könnte man aber soviel Terminals machen, wie F-Tasten
vorhanden sind, also kann man unter dem (nicht aktivem) Terminal
F12 einen eigenen X-Server starten, auf welchem dann der entfernte
Desktop angezeigt wird. Dazu ist allerdings eine kleine Vorarbeit
nötig. Debian unterbindet standardmäßig das abstarten
eines X-Servers von einer Konsole aus der grafischen Umgebung, also
muß man zuerst folgende Zeile in der Datei /etc/X11/Xwrapper.config
von allowed_users=console auf allowed_users=anybody
ändern. Danach kann man eine Konsole in KDE öffnen und
mit folgendem Befehl den X-Server auf der virtuellen Konsole F12
abstarten:
# X :12.0 vt12 &
Das UND-Zeichen läßt das Programm wieder im Hintergrund
laufen. Der X-Server hat hier die Nummer 12 und die Display Nummer
0 (:12.0). Mittels STRG+ALT+F7 wechselt man wieder zurück
auf den KDE-Bildschirm und kann mit dem folgenden Befehl ein xterm-Fenster
im neugestarteten X-Server abstarten. Sollte das Programm xterm
fehlen, einfach mit apt-get install xterm nachinstallieren.
# xterm -display :12.0 -e ssh -X udo@heim-pc
Anschließend wechselt man mit STRG+ALT+F12 in den neuen X-Server
und gibt im xterm für ein Debian System ein:
# startkde
und schon startet die grafische Oberfläche ab.
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