Wissenswertes über Debian wheezy
und den KDE 4-Desktop (Stand 28.01.2012)
 

Dieser Beitrag soll umsteigern von Debian lenny auf Debian wheezy ein paar nützliche Tips und Hilfen geben, was denn so alles anders ist am neuem Debian. In diesem Sinne ist das ein kleiner Erfahrungsbericht meinerseits, mit welchen Problemen und Änderungen ich zu kämpfen hatte. Da so ein Wechsel für Freunde des KDE-Desktops auch automatisch ein Umstieg von KDE 3 auf KDE 4 darstellt, beginnen wir gleichmal mit dem neuen KDE 4 Desktop.

Die neue KDE4-Oberfläche - ein Überblick

KDE4-Desktop-Pic.jpg

Im Gegensatz zu KDE3, wo die Arbeitsfläche noch den Inhalt des Ordners Desktop darstellt und die meisten Symbole in diesem Ordner Links zu Programmen sind, wird bei KDE4 so ziemlich alles mit Miniprogrammen realisiert. Plasma nennt sich dabei die Anwendung die alles verwaltet, sei es nun die Kontrolleiste oder das Startmenü. Der Desktop setzt sich dabei aus folgenden Elementen zusammen:

  • Dem Startmenü, hieß früher K-Menü, jetzt KickOff
  • Der Kontrollleiste, hieß früher Kicker, jetzt Panel
  • Dem Desktop, beinhaltete früher den Ordner Desktop, enthält jetzt nur noch Miniprogramme
  • Dem Werkzeugkasten (rechts oben/rechts unten) zur Verwaltung
Wie gesagt wird alles aus den Miniprogrammen zusammengesetzt, den sogenannten Plasmoiden. Dabei können Miniprogramme andere Miniprogramme beherbergen, z.B. beinhaltet das Miniprogramm welches das Panel realisiert, die Miniprogramme für die Fensterleiste, die Uhr, den Arbeitsflächenumschalter und das Startmenü. Ja sogar das Hintergrundbild der Arbeitsfläche ist nichts anderes als ein Miniprogramm.

KDE4-Miniprogramme.jpg

Für die Verwaltung der Miniprogramme kann man entweder die beiden Schalter in der rechten oberen und rechten unteren Ecke benutzen, welche mit Werkzeugkasten und Werkzeugkasten in der Kontrollleiste betitelt sind oder per Rechtsklick auf die Arbeitsfläche und im darauf aufpoppendem Kontextmenü Miniprogramme hinzufügen... wählen. Sollte das Symbol in der rechten unteren Ecke fehlen oder kein Eintrag in der Art zu finden sein, muß man die Miniprogramm-Verwaltung vorher mittels Miniprogramme entsperren aktivieren.

Miniprogramme hinzufügen/verschieben/entfernen

Um Miniprogramme hinzuzufügen oder zu verschieben oder die Größe und/oder Ausrichtung des Panels zu ändern, klicken wir auf den Werkzeugkasten in der rechten unteren Ecke.

werkzeugkasten-auswahl.jpg

Nur wenn diese Leiste geöffnet ist, erscheint über den jeweiligen Miniprogrammen im Panel nicht nur die Bezeichnung, sondern auch ein Verschiebekreuz mit dem man die jeweiligen Miniprogramme frei plazieren kann.

werkzeugkasten-verschieben.jpg

Mit Hilfe von Bildschirmkante kann das Panel an einen anderen Fensterrand gezogen werden und mit Höhe kann man die Höhe des Panels frei einstellen. Um neue Miniprogramme hinzuzufügen, wählt man den entsprechenden Eintrag und es öffnet sich die Leiste mit den verfügbaren Miniprogrammen. Welche Miniprogramme schon verwendet werden, zeigt sich an einem kleinen Haken am linken Rand des Miniprogramms.

Beispielpic-Arbeitsflaeche-anzeigen.jpg

Miniprogramme können einfach aus der Leiste an die entsprechende Stelle gezogen werden. Theoretisch kann man auch einfach einen Eintrag aus dem KickOff-Menü auf den Desktop ziehen. Der Eintrag wird automatisch in ein Miniprogramm verwandelt, mit welchem das entsprechende Programm aufgerufen wird.

Wir basteln uns einen KDE3 Desktop unter KDE4

Möchte man, daß auf dem Desktop so wie früher der Inhalt des Ordners Desktop angezeigt wird, so muß man dafür ein Miniprogramm bemühen. Dabei kann man entweder das entsprechende Miniprogramm auf den Desktop ziehen oder das Hintergrund-Miniprogramm vom Layout her als Ordner-Ansicht definieren. Nachteil der ersten Methode ist, daß das Miniprogramm "Ordner-Ansicht" nicht den gesamten Desktop einnimmt, sondern von den Abmaßen her begrenzt ist. Der Vorteil ist, man kann noch weitere Miniprogramme wie eine analoge Uhr oder das aktuelle Wetter neben dem Ordner-Miniprogramm auf dem Desktop plazieren. Möchte man das alte Verhalten von KDE3 ohne sonstige Miniprogramme, kann man über einen Rechtsklick auf den Desktop und dem untersten Punkt
Einstellungen für <gewählte Hintergrundart> die
Arbeitsflächen-Einstellungen - Plasma-Desktop-Umgebung öffnen und als Layout "Ordner-Ansicht" wählen.

Arbeitsflaeche-Eigenschaften.jpg

Im selben Fenster kann man auch ein anderes Hintergrundbild für den Desktop wählen. Damit verhält sich unsere Desktop-Oberfläche schon mal wie unter KDE3. Um nun noch das Panel entsprechend anzupassen, ziehen wir die Miniprogramme Arbeitsfläche anzeigen und Schnellstarter links neben das Miniprogramm Arbeitsflächen-Umschalter. Durch einen Rechtsklick auf das Miniprogramm Schnellstarter, kann man Programmeinträge hinzufügen, bearbeiten oder entfernen. Nachdem wir die Programme unserer Wahl zum Schnellstarter hinzugefügt haben, sieht unser Panel in etwa so aus:

KDE3-Desktop-unter-KDE4-Pic.jpg

Wenn wir jetzt noch mit einem Rechtsklick auf unser KickOff-Startmenü das Menü auf traditionell umschalten, ist unser gewohnter KDE3-Desktop unter KDE4 fertig.

Wissenswertes zu Programmen und anderen Dingen

  • Das Kontrollzentrum gibt es nicht mehr, bzw. heißt es jetzt Systemeinstellungen und stellt das Herzstück zur Konfiguration von KDE4 dar.

  • OpenOffice gibt es zwar immer noch im Paket openoffice.org, nennt sich jetzt aber LibreOffice.

  • Okular ist der Universalbetrachter für Dateien unter KDE4 und wird standardmäßig zum Öffnen von PDF-Files benutzt.

  • Das sun-java6-jre wurde wegen lizenzrechtlichen Problemen aus den Paketquellen von wheezy entfernt und durch das Paket openjdk-6-jre einer freien Java-Laufzeit-Umgebung ersetzt. Folglich muß dieses Paket anstelle des Sun-Pakets verwendet werden. Als Webbrowser PlugIn muß man das Paket icedtea6-plugin anstelle des Pakets sun-java6-plugin verwenden.

  • amsn, der Windows-Messenger-Clone wurde wegen diverser Sicherheitslöcher aus den Paketquellen von wheezy entfernt, kann aber noch in einer älteren Version aus den Paketquellen von squeeze installiert werden. Leider habe ich es nicht geschafft, meine Webcam unter amsn zum laufen zu kriegen. Ich denke, daß es an falsch verlinkten Bibliotheken liegt. In dem Sinne wäre es eine Herausforderung amsn aus den Quellpaketen unter wheezy neu zu kompilieren und zu sehen, ob die Webcam dann funktioniert. Leider hat mich Zeitmangel bisher davon abgehalten. Sollte ich irgendwann mal die Zeit finden, werde ich den Punkt hier nachreichen. Ersatzweise kann man für amsn kopete oder kmess (der Messenger von KDE) verwenden. Leider unterstützt kopete nur die Webcam und kein Audio, während kmess weder Webcam noch Audio unterstützt.

  • Den IRC-Client KSirc findet man nicht mehr in den wheezy Paketen. An seine Stelle ist der leistungsfähigere Client Konversation getreten.

  • Skype funktioniert nach wie vor unter wheezy, sogar mit funktionierender Webcam.

  • Der Video-Editor cinelerra wurde in die beiden Programme cinelerra und cinelerra-cv, die Community-Variante aufgesplittet. Bei mir hatte die nicht Community-Version Probleme mit MJPEG-Dateien und der deutschen Sprache, daher empfehle ich cinelerra-cv zu installieren. Leider geht dies wegen fehlender Abhängigkeiten nicht aus den wheezy-Paketen des Debian-Multimedia-Archivs, sondern nur aus den squeeze-Paketen.

  • Für die Medienwiedergabe gibt es unter KDE den Dragon-Player und vlc, den Video-Lan-Client, welche in einer Basisinstallation von KDE mit dabei sind.

  • xawtv, das Webcam/TV-Karten Programm gibt es weiterhin unter wheezy, hatte aber mit meiner Webcam Probleme. Die Fehlermeldung lautete:
    X Error of failed request: XF86DGANoDirectVideoMode
    Ich mußte es von der Konsole mit der Option -nodga starten um die Webcam zur Mitarbeit zu überreden.

  • Das Webcam-Tool Camstream gibt es nicht mehr unter den wheezy-Paketen, kann aber in einer älteren Version aus den squeeze-Paket-Quellen installiert werden. Leider gibt es auch hier ein Problem mit den v4l-Librarys (Video for Linux). Die Anwendung hängt sich mit der Fehlermeldung "Waiting for capture thread to stop..." auf und konnte nur mittels SIGKILL rigoros beendet werden. Ich mußte camstream auf der Konsole mit folgenden Befehl starten:
    LD_PRELOAD=/usr/lib/i386-linux-gnu/libv4l/v4l1compat.so camstream
    Leider wird das Webcam-Bild mit verfälschten Farben dargestellt, da mein Gesicht blau war. Ich denke, die Farben blau und rot sind vertauscht. Eine Lösung für dieses Problem habe ich nicht gefunden.

  • Um überhaupt auf eine Webcam zuzugreifen oder ein Bild/Video aufzunehmen, scheint guvcview eine sehr vielversprechende Alternative zu sein für xawtv oder camstream. guvcview ist ein GTK-Video-Viewer. Leider ohne FTP-Funktion wie camstream.

  • Dolphin heißt der neue Datei-Manager unter KDE. Konqueror gibt es zwar noch, soll aber in erster Linie als Browser dienen. Der Sinn dahinter ist, die Programme auf das jeweilige Aufgabengebiet etwas mehr zu spezialisieren. So bietet Dolphin eine bessere Verwaltung von Dateien. Konqueror bleibt jedoch laut Aussagen der KDE-Entwickler weiterhin ein fester Bestandteil der KDE-Oberfläche und kann auch weiterhin als Dateimanager verwendet werden. In dem Fall greift Konqueror fast vollständig auf die Engine von Dolphin zurück. Eine der wichtigsten Neuerungen im Dateimanagment: Neuerdings werden wie bei Windows versteckte Dateien in Verzeichnissen angelegt namens .directory, wenn z.B. die Ansicht der Dateien umgestellt wird. In diesen .directory-Dateien wird die jeweils gewählte Ansicht für jeden Ordner gespeichert. Standardmäßig ist das Erstellen der .directory-Dateien aktiviert. Möchte man das nicht, kann man das Verhalten auch abschalten. Dazu siehe diesen Beitrag.

  • Wenn wir schon gerade beim Dateimanagment sind: Wer sich wundert, was das kleine, grüne Plus in jedem Dateisymbol zu bedeuten hat, damit kann man ganz ohne Tastatur mehrere Dateien markieren. Klickt man das Plus an, wird die entsprechende Datei markiert. Klickt man das Plus einer anderen Datei an, wird diese ebenfalls markiert, ohne die Markierung der vorhergenden Datei wieder zurück zu nehmen. Sinnigerweise wechselt dann bei markierten Dateisymbolen das grüne Pluszeichen in ein rotes Minuszeichen um die Markierung wieder wegzunehmen. So ist es möglich eine Mehrfachauswahl auf Dateien anzuwenden, ohne die Tastatur mit STRG oder SHIFT zu bemühen.

  • Die Bezeichnungen der KDE-Metapakete haben sich geändert. Für die neuen Bezeichnungen lest diesen Beitrag.

  • Ist man auf einer der Konsolen F1-F6 angemeldet und will den Computer unter der grafischen Umgebung auf F7 runterfahren, stoppt der shutdown mit der Meldung Rechner ausschalten - aktive Sitzungen abbrechen. Leider habe ich keine Möglichkeit gefunden so wie früher, daß die Konsolensitzung einfach beendet wird und der shutdown fortgesetzt wird. Im Internet gibt es noch mehr User die sich mit dieser Problematik herumschlagen, aber bisher scheint noch niemand eine Lösung gefunden zu haben. Was auf Mehrplatzrechnern durchaus Sinn macht, ist im Falle eines Einzelplatzrechners einfach nur nervig und überflüssig, denn wenn man den Herunterfahren-Knopf drückt und seinen Rechner in gutem Gewissen, daß er den Befehl ausführt einfach allein läßt, kann es durchaus sein, daß er am nächsten Tag immer noch läuft. Hier sollte Debian oder KDE (je nachdem von wem das kommt) meiner Meinung nach schnellstens nachbessern und eine Wahlmöglichkeit für den User anbieten. Ein Häckchen so in der Art: Immer runterfahren, ohne Rücksicht auf Verluste. Angeblich ist für dieses Verhalten das Policykit zuständig, aber eine Veränderung unter org.freedesktop.consolekit.policy der Einstellung <message>System policy prevents stopping the system when other users are logged in</message> brachte bei mir keine Änderung.

  • Die Bootmeldungen beim Abstarten des Systems werden beim Starten der grafischen Umgebung, also ab kdm gelöscht. Damit hat sich das Default-Verhalten der Konsole F1 geändert und der Inhalt wird mittels clear bereinigt. Möchte man das nicht, weil man anhand der Bootmeldungen nachprüfen will ob beim Start des Systems irgendetwas ungewöhnliches aufgetreten ist, muß man in der Datei /etc/inittab die erste Konsole tty1 mittels der Option --noclear anpassen. Dazu ändert man die Zeile
    1:2345:respawn:/sbin/getty 38400 tty1 in
    1:2345:respawn:/sbin/getty --noclear 38400 tty1 ab.

  • Selbstkompilierte, grafische Programme ohne Endung z.B. mittels Qt erstellt, werden durch einen Doppelklick der Maus unter Dolphin ausgeführt, während unter Konqueror der Dialog "Öffnen mit..." angezeigt wird. Die Datei wird im Konqueror nicht ausgeführt, sondern Konqueror möchte sie mit einem anderem Programm öffnen. Abhilfe schafft ein kleiner Eintrag in der Programmzuordnung der Dateitypen. Dazu klickt man rechts auf die Datei und wählt Eigenschaften aus. Neben dem Typ: Programm gibt es ein kleines Schraubenschlüssel-Symbol. Wenn man darauf klickt, landet man im Bearbeitungsfenster des Dateityps application/x-executable. Im unterem Fenster Rangfolge der zugeordneten Anwendungen klickt man auf Hinzufügen. Es öffnet sich ein ähnliches Fenster wie das Öffnen mit.... Anstatt eine Anwendung auszuwählen, schreibt man einfach in das Textfeld open rein und bestätigt mit Ok. Und jetzt -oh, Wunder- kann man die eigenen Programme auch im Konqueror per Doppelklick abstarten.

  • Die Anzeige laufender Kopieraktionen von Dateien übernimmt neuerdings der Benachrichtigungsdienst (das i, das von einem Kreis eingeschlossen wird). Um den User ja nicht abzulenken der die Kopieraktion initiiert hat, zeigt der Benachrichtigungsdienst lediglich einen unterbrochenen Fortschrittsbalken an und sonst keinerlei Informationen darüber, welche Datei gerade kopiert wird oder wie lange das Ganze noch dauert. Wer mehr Informationen haben will, kann das Fenster allerdings mit einem kleinem Dreieck größer schalten und damit mehr Details einblenden. Und wer die ausführlichsten Informationen haben will, schaltet am Besten die Benachrichtigungen über Kopieraktionen im Benachrichtigungsdienst ab, denn in dem Fall wird auf das von KDE3 gewohnte Hinweisfenster zurück geschaltet, welches die ausührlichen Informationen über Dauer des gesamten Kopiervorgangs, die Geschwindigkeit und die momentan zu kopierende Datei anzeigt. Dazu klickt man mit der rechten Maustaste auf den Benachrichtigungsdienst (das kleine i in der unteren Leiste) und wählt Einstellungen für Benachrichtungen. Unter Anzuzeigende Benachrichtigungen nimmt man das Häckchen bei Dateiübertragungen und andere Aufgaben raus. Nach einem Neustart der grafischen Oberfläche taucht bei Kopieraktionen das von KDE3 gewohnte Hinweisfenster auf.

Soweit wars das mit den Eigenheiten und Änderungen des neuen Debian wheezy mit dem KDE-Desktop. Sollte ich noch weitere Punkte finden, werde ich diese hier nachtragen.